Vorsprung Frankfurt - Damit der Günthersburgpark sauber bleibt

Damit der Günthersburgpark sauber bleibt

Nordend
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Unter der Woche morgens um neun Uhr ist im Günthersburgpark schon ordentlich was los. Eine Tischtennisplatte am Spielplatz ist bereits belegt, zwei Gymnastikgruppen haben auf der Wiese mit ihren Übungen begonnen. Ein paar Mütter haben sich mit ihren Kleinstkindern auf dem Spielplatz eingefunden, andere kreisen mit Kinderwagen die Wege entlang, auf denen auch eine Handvoll Jogger die Morgenfrische für ihre Runden nutzt.

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Nur der Kiosk hat noch geschlossen. Es ist Juni 2021, und der Tag verspricht heiß zu werden. Der einst von Carl Mayer von Rothschild angelegte Park im östlichen Nordend wirkt auf den ersten Blick sauber. Am Vorabend hatte es kurz geregnet. Seit ein paar Tagen, dem 5. Juni, gilt in Frankfurt die Lockerungsstufe 2 des Landes Hessen. Erstmals seit November dürfen die Menschen wieder ohne vorherigen Schnelltest in den Außenbereich eines Cafés oder einer Bar. Und dennoch: Die FFR-Reiniger, die gerade in ihrer typisch orangen Dienstkleidung mit dem Kleintransporter von Westen her die Szenerie betreten, hatten zuletzt mächtig zu tun.

„Samstag und Sonntag ist hier Katastrophe“, sagt Mohammed El-Ali und zeigt mit ausgestrecktem Arm über die Wiese im oberen Parkabschnitt. Abends versammeln sich in Gruppen gerne die Jugendlichen hier, ältere und jüngere, und lassen den Tag mit Getränken ausklingen. „Viel Glas“ habe er in den letzten Wochen hier auflesen müssen, sagt El-Ali, bückt sich, hebt eine Weinflasche aus dem hochgewachsenen Gras und lässt sie in seinem blauen Müllbeutel verschwinden. Eine ganze Rolle solcher Beutel hat er sich unter die Hosenträger geklemmt.

Seit Ende 2020 auf mühseliger Müll-Pirsch
Seit nun sieben Monaten reinigen El-Ali und sein Kollege Hekmat Nassereddine den Park. Orange auf Grün – diese Kombination ist neu in Frankfurt. Historisch galt in Fragen der Sauberkeit stets, dass FES für Straßen und Plätze, das Grünflächenamt für die Grünflächen, Parks und das Mainufer verantwortlich ist. Doch die Stadtpolitik im Römer hat entschieden, das zu ändern: Unter dem Schlagwort „Reinigung aus einer Hand“ sollen nach und nach sämtliche Reinigungsaufgaben öffentlicher Flächen in die Hände von FES oder ihrer Tochtergesellschaft FFR gelegt werden. Der Günthersburgpark markierte im November 2020 den Auftakt.

Längst haben Mohammed El-Ali und sein Kollege Hekmat Nassereddine sich an den neuen Untergrund gewöhnt. Rund um die Liegewiese am oberen Parkende stehen mehrere offene Drahtpapierkörbe. Das Grünflächenamt hat sie aufgestellt, um eine einfache Anlaufstelle für die Parkbesucher anzubieten. Insbesondere für jene, die erst abends kommen und Getränke dabei haben. „Junge Menschen sollen feiern. Aber sie sollen auch ein bisschen mithelfen“, findet Nasseredine. „Ich gehe auch am Wochenende mit meiner Familie und meinen Freunden ins Grüne. Aber ich nehme danach meinen Müll wieder mit nach Hause.“ Im Günthersburgpark liegen leider allzu oft die Flaschen im Gras, erzählt El-Ali. Um das Areal sauber zu bekommen, müsse er es im Zickzack ablaufen.

Kein Geläuf für Kehrmaschinen
Tatsächlich ist das Gras im Moment so hoch, dass man eine Flasche nur aus nächster Nähe sehen kann. Auch sonst ist der Aufwand auf Grünflächen höher als auf Straßen und Plätzen: Keine Kehrmaschine kehrt hier die Kronkorken zusammen, auch der Besen fällt als Arbeitsmittel aus. Es bleiben die Pickerzange, der Handfeger mit Schaufel und die Hände im Handschuh. Nassereddine bückt sich und nimmt einen der kurz zuvor abgelegten blauen Säcke auf. Er erinnert sich noch gut an den stadtweiten Cleanup Ende April. Nie zuvor hatten sich so viele Menschen auf einmal für die Sauberkeit ihrer Stadt engagiert, an zwei Tagen insgesamt 2927. „Samstags hat uns da eine Gruppe von Schülern geholfen“, erzählt er. „Das war richtig Klasse, denn es war so unglaublich viel zu tun.“ Am Abend davor waren Leute da gewesen, die den Park binnen weniger Stunden in eine Müllhalde aus Verpackungen und Glasflaschen verwandelt hatten.

Erst ans Mainufer, dann in den Park
Inzwischen kennen Nassereddine und El-Ali ihr neues Revier und dessen Besucher sehr gut. Sieben Monate sind eine lange Zeit, sodass sich längst Routinen eingestellt haben. „Erst kommt das Mainufer, dann der Günthersburgpark“, erzählt El-Ali. „Wir versuchen, um neun Uhr hier fertig zu sein“, ergänzt Nassereddine. So sei das mit dem Grünflächenamt, das weiterhin der Auftraggeber und direkte Ansprechpartner ist, auch vereinbart. Dort ist man mit der Arbeit von FFR bislang hochzufrieden. „Wir haben im vergangenen halben Jahr deutlich weniger Beschwerden erhalten als davor“, sagt Amtsleiterin Heike Appel.

Heute sind Nassereddine und El-Ali in nur eineinhalb Stunden fertig – deutlich schneller als an den Wochenenden, wo es schon auch schon mal vier Stunden gedauert hat. Die Papierkörbe sind nun alle geleert und mit neuen Säcken ausgestattet. Vor dem Bolzplatz in der Parkmitte haben sich inzwischen ein paar Basketballer eingefunden. Muskulöse Männer haben begonnen, Klimmzüge zu machen. Der Schweiß rinnt, bei den Sportlern und den Reinigern gleichermaßen, denn es wird von Minute zu Minute wärmer. Am Spielplatz daneben sind ein paar Scherben zurückgeblieben. Der Blick aufs Etikett verrät den Geschmack des Konsumenten: Mädchentraube. El-Ali verzieht keine Miene und wirft einen vollen Müllsack auf den Transporter, bevor er sich daran macht, mit Handschuhen die Scherben einzusammeln.

Eine Frau unterbricht ihren Spaziergang und sucht den Kontakt zu den beiden. Sie ist Anwohnerin, öfter hier und bedankt sich für die tägliche Sisyphusarbeit. „Man sollte die, die das hier Woche für Woche so hinterlassen, zehn Stunden lang selbst aufräumen lassen. Das würde helfen“, sagt sie. Nassereddine und El-Ali zucken mit den Schultern. „Viele Menschen kommen und sagen danke zu uns“, erzählt Nasseredine später. Nebenan auf der Liegewiese rollt eine junge Frau im Bikini ihre Matte aus. Der Tag im Günthersburgpark nimmt gerade erst Fahrt auf…

In einem einjährigen Modellprojekt reinigt FES weitere Flächen für das Grünflächenamt, unter anderem hier
- die Grünstreifen auf der Wittelsbacher Allee (Ostend)
- die Grünflächen am Weißen Stein (Eschersheim)
- die Grünstreifen auf der Sophienstraße (Bockenheim)
- der Mittelstreifen der Darmstädter Landstraße (Sachsenhausen)
- die Grünstreifen an der Pfaffenwiese (Zeilsheim)
- das Grün entlang der Europaallee
- das Grün am Börsenplatz
- die Grünstreifen in der Ostendstraße

Foto: Die Überreste einer Flasche Mädchentraube unweit des Spielplatzes werden von Hand aufgelesen.
Foto: Mohammed El-Ali mit der Abfallausbeute von der oberen Wiese im Guenthersburgpark.
Foto: Nur die Pickerzange hilft im Park gegen Kronkorken am Boden: Hekmat Nassereddine im Günthersburgpark.
Foto:  Papierkorb-Stilleben im Günthersburgpark. Fotos: Stadt Frankfurt/FES



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