Vorsprung Frankfurt - "Der kommunale ÖPNV steht vor einem Jahrzehnt der Investitionen"

"Der kommunale ÖPNV steht vor einem Jahrzehnt der Investitionen"

Politik
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Verkehrsdezernent Klaus Oesterling sieht den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Frankfurt vor einer Investitionsoffensive. „Dieses Jahrzehnt wird ein Jahrzehnt des Bauens und der Inbetriebnahmen“, sagt der Stadtrat. Den Anfang mache als Teil der vom Aufsichtsrat von traffiQ beschlossenen Trambahnstrategie die Reaktivierung der Betriebsstrecken in der Schloßstraße und der Mannheimer Straße für den Linienbetrieb.

Voraussetzung dazu sei, dass genügend der neu bestellten 45 Straßenbahnen vom Typ T zur Verfügung stehen. Bereits im Bau sei die U-Bahn ins Europaviertel (U5 West), deren Inbetriebnahme für 2024 vorgesehen sei. Es sei zudem beabsichtigt, nach Möglichkeit zum gleichen Zeitpunkt die U5 über den bisher geplanten Endpunkt hinaus um etwa einen Kilometer weiter nach Westen über den Römerhof bis zu dem dortigen Schulstandort oberirdisch zu verlängern.

Positiv abgeschlossen werden konnte die Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) für die Verlängerung der U -Bahn von Preungesheim zur S-Bahn-Station Frankfurter Berg (U5 Ost). Die vor einigen Jahren abgebrochenen Planungen wurden inzwischen wiederaufgenommen, der Realisierung stehe nichts mehr entgegen.

Bereits rechtskräftig planfestgestellt und durch Bürgerentscheid bestätigt sei die Verlängerung der U2 von Gonzenheim nach Bad Homburg Bahnhof. Damit werde eine vor 50 Jahren zerrissene Verbindung im ÖPNV-Netz der Region wieder geschlossen.

Wichtigstes Projekt im innerstädtischen ÖPNV sei der Lückenschluss der U4 zwischen der Bockenheimer Warte und Ginnheim mit Zentralanschluss des Uni-Campus Westend (D II- Strecke). Die Streckenergänzung biete unter anderem eine hochattraktive Verbindung zwischen dem Uni-Campus und dem Hauptbahnhof mit einer Fahrzeit von rund sechs Minuten.

Zwischen Uni-Campus und Bockenheimer Warte sei nach den Prognosen mit einer Querschnittbelastung von mehr als 70.000 Fahrten pro Tag zu rechnen, was die neue Strecke zu einer der wichtigsten im Frankfurter U-Bahn-Netz mache. Auch die Bundesbank mit ihren mehreren Tausend Beschäftigten bekäme erstmals überhaupt eine attraktive ÖPNV-Anbindung. Mit der Inbetriebnahme der neuen Strecke werde die entlang der Eschersheimer Landstraße verlaufende Strecke, die sogenannte A-Strecke, endlich entlastet. Bei Betriebsstörungen stünden zukünftig dem Verkehr aus dem Frankfurter Norden die A-Strecke und D-Strecke alternativ zur Verfügung. Probleme mit der Grundwasserhaltung unter dem Grüneburgpark im Zusammenhang mit dem Tunnelbau erwartet Oesterling nicht.

Weiter stelle sich auch die Frage nach der künftigen Organisation des U-Bahn-Baus in Frankfurt. Er selbst, sagt Oesterling, habe die Auflösung des früheren Stadtbahnbauamtes immer für einen Fehler gehalten. Denn damit sei die gesammelte Sachkompetenz unwiederbringlich verloren gegangen. Mit dem Bau der U-Bahn ins Europaviertel habe die zum Tunnelbau notwendige Kompetenz mit der Gründung der SBEV (Stadtbahn Europaviertel Projektbaugesellschaft) erst wieder neu aufgebaut werden müssen. „Es wäre schade, wenn die neue erworbene Kompetenz mit dem Ende der Bauarbeiten für die Europaviertel-U-Bahn 2024 wieder verloren ginge“, sagt Oesterling. Es sei deshalb beabsichtigt, die SBEV mit Planung und Bau des U-Bahn-Lückenschlusses Ginnheim-Campus Westend-Bockenheimer Warte zu beauftragen.

Mit der Entscheidung über die künftige Linienführung der U4 werde auch die Entscheidung über die Schnittstelle der U4 mit der Ringstraßenbahn getroffen. Damit könne auch die Ringstraßenbahn mit der Neubaustrecke Markuskrankenhaus-Dornbusch-Eckenheim-Friedberger Warte in die Endplanung gegeben werden. Als reines Straßenbahnprojekt ohne Tunnelabschnitt werde die Ringstraßenbahn voraussichtlich noch vor der U4 in Betrieb gehen.

Gute Fortschritte habe auch das Projekt einer Verlängerung der Straßenbahnlinie 11 von der Zuckschwerdtstraße zum Bahnhof Höchst gemacht. Ein Vorhaben, das den Höchstern bereits im Eingemeindungsvertrag von 1928 versprochen worden sei. Hier werde die Linie 11 künftig den Nordteil des Bahnhofs Höchst gemeinsam mit der RTW (Regionaltangente West) nutzen. Um eine Planung aus einer Hand zu gewährleisten, habe die VGF die RTW GmbH inzwischen mit der Planung der Straßenbahnverlängerung beauftragt. Es sei vorgesehen, den Lückenschluss noch in diesem Jahrzehnt in Betrieb zu nehmen. Eine Verlängerung zur Jahrhunderthalle sei möglich, wenn die Stadtverordnetenversammlung dies beschließe, sagt der Verkehrsdezernent.

Ein Mammutprojekt besonderer Art sei die Realisierung der RTW selbst. Oesterling, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der RTW GmbH ist, rechnet mit einem Baubeginn innerhalb der nächsten zwei Jahre und mit einer Inbetriebnahme des 1,1 Milliarden teuren Projektes ebenfalls noch in diesem Jahrzehnt. Die Finanzierung sei durch Zusagen des Bundes und des Landes und Beschlüsse der Gemeinden gesichert. Mit der Inbetriebnahme der RTW und der Verlängerung der Linie 11 werde der Bahnhof Höchst zur zentralen Mobilitätsdrehscheibe im Frankfurter Westen.

Ein kleines Projekt, das möglicherweise ebenfalls noch realisiert werden könne, sei die Straßenbahnverlängerung von der Mannheimer Straße zum Briefzentrum in der Gutleutstraße.

Angesichts der Entscheidungen des Bundes und des Landes, die Förderung für den ÖPNV zu erhöhen, erwartet der Verkehrsdezernent Zuschüsse bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten.

Mit der Umsetzung der genannten Investitionen, zu denen noch die Maßnahmen der Deutschen Bahnen hinzukämen, würden zahlreiche Verbindungen neu geschaffen, die Zahl der Verknüpfungspunkte nehme stark zu und die Umsteigehäufigkeit im Netz nehme deutlich ab, erläutert Oesterling.

Alle bisher genannten Projekte - mit Ausnahme der U-Bahn Römerhof - seien übrigens bereits mit dem Gesamtverkehrsplan 2005 (GVP 2005) von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden. Dass diese erst jetzt in eine Realisierungsphase kommen würden, läge daran, dass die Projekte nach 2005 nicht mit der notwendigen Konsequenz vorangetrieben worden seien.

Im Bereich der Infrastruktur werde es weiter den viergleisigen Ausbau der Straßenbahnhaltestelle am Hauptbahnhof geben. Außerdem benötige die VGF mit der Inbetriebnahme des Lückenschlusses Bockenheimer Warte - Ginnheim einen zusätzlichen U-Bahn-Betriebshof im Frankfurter Norden, der nach jetzigem Stand nördlich der Autobahn A5 und östlich der entlang der Strecke der U3 vorgesehen sei.

Nicht enthalten in der Auflistung seien regionale Vorhaben wie die Straßenbahnprojekte nach Bad Vilbel, Neu-Isenburg und Dreieich. Hier seien aber erste Untersuchungsergebnisse im Laufe dieses Jahres zu erwarten, erklärt Oesterling.

Weitere komplexe Fragen würden im Rahmen der derzeit laufenden Untersuchungen zur Fortschreibung des Gesamtverkehrsplans untersucht. Dazu gehörten die Anbindung des Europaviertels nach Westen und Süden, die künftige ÖPNV-Erschließung des Bereichs Atzelberg/Seckbach/Bergen, die Weiterführung des ÖPNV in Richtung Sachsenhäuser Warte sowie die Erschließung des neuen Stadtteils zwischen Praunheim und der Nordweststadt.



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