Vorsprung Frankfurt - Kampf gegen tödliche Tropenkrankheit

Kampf gegen tödliche Tropenkrankheit

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Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikum Frankfurt haben immundominante Proteine des Erregers Bartonella bacilliformis identifiziert und daraus eine Labordiagnostik etabliert.

Der Erreger löst eine der tödlichsten Infektionserkrankungen überhaupt aus: das sogenannte „Oroya-Fieber“ mit einer Letalität von über 90 Prozent, wenn keine Therapie eingeleitet wird. Die Forschungsgruppe hat damit einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der sogenannten NTDs (Neglected Tropical Diseases: vernachlässigte Tropenkrankheiten) geleistet. Die Ergebnisse wurden am 10. September 2021 in der renommierten Zeitschrift Lancet Microbe veröffentlicht und wurden bereits zuvor beim größten europäischen Infektionskongress (ECCMID 2021) preisgekrönt.

Der humanpathogene Erreger Bartonella bacilliformis ist in Deutschland nur wenigen Menschen ein Begriff, obwohl er eine der tödlichsten Infektionserkrankungen überhaupt verursacht: das „Oroya-Fieber“. Dieses grassiert in Südamerika, insbesondere in Peru. Als Überträger gilt die Sandfliege, die bislang ausschließlich in Gebirgstälern in Peru, Ecuador und Kolumbien vorkommt.

Eine Ausbreitung, unter anderem nach Europa, steht jedoch zu befürchten. Das Oroya-Fieber äußert sich in hohem Fieber und Hämolyse (Zerstörung von roten Blutkörperchen), gefolgt von einer Phase ausgeprägter Immunsuppression. Ohne Behandlung sterben 90 Prozent der Infizierten.

In einer aktuellen Publikation aus dem Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikum Frankfurt werden nun 14 sogenannte „immundominante“ Proteine dieses Erregers identifiziert. Sie wurden durch die Nutzung modernster genomischer und bioinformatischer Methoden in Kombination mit bewährten und traditionellen Verfahren aus der Infektionsforschung und -diagnostik identifiziert. Am 10. September 2021 wurden die Studienergebnisse in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift Lancet Microbe veröffentlicht. „Schätzungen zufolge sind fast zwei Milliarden Menschen in 150 Ländern von armutsassoziierten und vernachlässigten Tropenkrankheiten betroffen.

Eine halbe Million Menschen jährlich stirbt an den Folgen dieser Infektionen“, erklärt Prof. Dr. Volkhard A. J. Kempf, Direktor des Instituts. „Tropische Bedingungen, unzureichende Hygiene und Ernährung sowie schlechter Zugang zu medizinischer Versorgung fördern die Erkrankungen. Wir sind froh, dass wir einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Erregers Bartonella bacilliformis liefern konnten.“ Prof. Kempf leitet auch das vom Robert Koch-Institut berufene nationale Konsiliarlabor (Expertenlabor) für Bartonella-Infektionen am Universitätsklinikum Frankfurt.

Proteine identifiziert
Die Studie wurde von Doktorand Alexander Dichter und seinen Kolleginnen und Kollegen durchgeführt. Das Team hat zunächst fünf Genome des Erregers analysiert und mögliche Kandidatenproteine bioinformatisch identifiziert. Diese wurden rekombinant (mit Hilfe von genetisch veränderten Mikroorganismen) unter Einsatz von genomischen large-scale-Expressionsbanken exprimiert. „Unsere peruanischen Partner haben uns Patientenseren zur Verfügung gestellt, aus denen wir die besonders immundominanten Proteine identifizieren konnten“, erklärt Alexander Dichter. „In Zusammenarbeit mit der Fa. NovaTec Immundiagnostica in Dietzenbach haben wir die Proteine in diagnostisch nutzbare Formate überführt.“ Diese Diagnostika sollen nun in Peru zum Feldeinsatz kommen, um genaue Informationen über die Epidemiologie der Infektion zu erhalten. Die Ergebnisse des Projektes stellen aber auch die Weichen für die zukünftige Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Oroya-Fieber.

Forschungsachse Frankfurt – Lima
Die Publikation stellt den vorläufigen Höhepunkt einer seit 2019 bestehenden Kooperation zwischen dem Universitätsklinikum Frankfurt und der gemeinnützigen Universidad Peruana Cayetano Heredia in Lima dar. Der Mikrobiologe Prof. Pablo Tsukayama von der peruanischen Universität hospitierte 2019 im Labor von Prof. Kempf in Frankfurt, im selben Jahr reiste Prof. Kempf für einen wissenschaftlichen Gegenbesuch nach Peru. In dessen Verlauf wurde ihm auch die Ehre zuteil, in Lima einen der sogenannten „Alexander von Humboldt“-Vorträge vor internationalem Publikum zu halten.

Poster-Preis: „herausragend“
Im Juli 2021 hat das Team um Alexander Dichter seine Ergebnisse auch bei Europas größter Veranstaltung für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten, dem 31. European Congress of Clinical Microbiology & Infectious Diseases (ECCMID), vorgestellt und wurde dort für seine Forschung ausgezeichnet. Der Beitrag „Identification of immunodominant Bartonella bacilliformis proteins for serodiagnostics and vaccine development“ erhielt den „Top Rated Poster Award ECCMID 2021“. Ein internationales Gutachtergremium klassifizierte das Poster unter mehr als 4.500 Beiträgen als einen der herausragenden Beiträge.

Die Forschungsgruppe und ihre preisgekrönte Arbeit wird durch das LOEWE-Zentrum DRUID (Novel Drug Targets against Poverty-Related and Neglected Tropical Infectious Diseases) des Landes Hessen gefördert. Es vereint Expertinnen und Experten der hessischen Universitäten und des Paul-Ehrlich-Instituts im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten. Das Zentrum hat sich dem ehrgeizigen Ziel der Vereinten Nationen angeschlossen, die NTDs bis 2030 auszurotten.

Publikation:
Dichter, A. A., Schultze, T. G., Wenigmann, A., Ballhorn, W., Latz, A., Schlüfter, E., Ventosilla, P., Guerra Allison, H., Ugarte-Gil, C., Tsukayama, P., Kempf, V. A. J.; Identification of immunodominant Bartonella bacilliformis proteins: a combined in-silico and serology approach. Lancet Microbe, September 10, 2021.
https://doi.org/10.1016/S2666-5247(21)00184-1



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