Vorsprung Frankfurt - Zu Besuch in der Klosterbäckerei der Abtei Münsterschwarzach

Zu Besuch in der Klosterbäckerei der Abtei Münsterschwarzach

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Mit beiden Händen greift Sabrina Büchs in den Teigkneter und hebt einen großen Batzen schweren, glänzenden Stollenteig heraus. Routiniert unterteilt sie ihn in gleich große Stücke – jedes rund 530 Gramm schwer. Der goldgelbe Teig ist gespickt mit Rosinen und Nüssen, Zitronat und Orangeat. Der feine Duft dringt auch durch die Schutzmasken, die in der kleinen Backstube Pflicht sind.

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„Seid Ihr Naschkatzen?“, fragt Bäckermeister Leo Stöckinger. Mit einem Küchenspatel trennt er drei Versucherle ab – zwei für die Gäste, eines für ihn selbst. Weicher Teig, Früchte, Nüsse und ein Hauch von Rum. Rund 70 Kloster-Christstollen werden an diesem Morgen nach traditionellem Rezept in der Klosterbäckerei der Abtei Münsterschwarzach gebacken.

Als wir gefühlt im Morgengrauen in der Backstube ankommen, ist schon längst alles vorbereitet. Für das Backstubenteam hat der Arbeitstag bereits um 3.30 Uhr begonnen. Im Teigkneter wächst eine Mischung aus Mehl, Milch, Wasser und Hefe stetig vor sich hin. Ebenfalls fertig vorbereitet ist die Fettmischung aus Butter, Zucker, Salz und Gewürzen. In zwei großen Behältern warten Rosinen, Orangeat und Zitronat sowie Haselnüsse und Mandeln auf ihren Einsatz. Die Früchte sind in Wasser und Rum eingeweicht, die Nüsse in Milch. „Damit die Nüsse beim Backen keine Feuchtigkeit aus dem Teig ziehen“, erklärt Stöckinger. Beim Lagern der Stollen geben die Zutaten die Flüssigkeit dann wieder an den Teig ab. „Deshalb ist frischer Christstollen meist trockener, als wenn er abgelagert ist.“

Der Teig ist mittlerweile deutlich gewachsen, muss aber noch eine Weile ruhen. Deshalb gibt es erst einmal einen Kaffee und Stollen. Stöckinger bringt einen Kloster-Christstollen und einen Christstollen mit Rotwein und schneidet von beiden großzügige Scheiben ab. Beide sind lecker. Entgegen unserer Vermutung schmeckt man den Rotwein nicht heraus, aber er gibt dem Stollen eine leicht herbe Note. Aus einem Nachschlag wird leider nichts, denn Sabrina Büchs ruft aus der Backstube: „Wir wären dann mal soweit!“ Der Teig hat sein Volumen vervierfacht, zumindest optisch. „Wir kneten den jetzt komplett fertig“, erklärt Büchs und gibt zunächst die Fettmischung und dann Mehl dazu. Der große Knethaken vermengt alles zu einer kompakten Masse. Früchte und Nüsse werden erst kurz vor Schluss, nach einer weiteren Ruhezeit, hinzugefügt: „Sonst sind sie Matsch.“ Die Idee, ein Rezept abzuluchsen, hat sich angesichts der Mengen, die hier verarbeitet werden, verflüchtigt. Denn das würde wohl so lauten: „Man nehme zehn Kilogramm Vorteig, achteinhalb Kilogramm Mehl, sechs bis sieben Kilogramm Fett…“

Pro Saison werden insgesamt rund 1000 Stollen in unterschiedlichen Größen gebacken. Neben Kloster-Christstollen und Christstollen mit Rotwein umfasst das Sortiment auch Dinkel-Cranberry-Christstollen und – für alle, die keine Rosinen mögen – Schoko-Stollen. Gebacken wird für den Bäckereiladen auf dem Gelände der Abtei, aber auch für das Egbert-Gymnasium, die Klosterküche und das Gästehaus. Dabei müssen sich die Mitarbeiter auf unterschiedliche Geschmäcker einstellen. „Die Schüler haben andere Ansprüche als die Mönche“, nennt Stöckinger als Beispiel. Etwa 20 bis 30 Prozent der Stollen werden über den Vier-Türme-Onlineshop verkauft, schätzt er. Die Produktion orientiere sich auch an den christlichen Festen. So gibt es in der Weihnachtszeit Stollen und Plätzchen, an Ostern Osterbrot. „Wir halten solche Traditionen aufrecht“, sagt der Bäckermeister, der seit 35 Jahren in der Klosterbäckerei arbeitet. Insgesamt zählt das Team neun Personen: vier in der Produktion, vier im Verkauf und eine Putzkraft.

Die Zutaten werden, soweit es möglich ist, von regionalen Anbietern bezogen. Darüber hinaus ist die Klosterbäckerei Mitglied der „Initiative Wasserschutzbrot“ (www.wasserschutzbrot.de). Der sogenannte Wasserschutz-Weizen werde statt dreimal nur zweimal gedüngt, erklärt Stöckinger. Das schont das Grundwasser, doch zugleich enthält der Weizen weniger Klebereiweiß. Bei der Verarbeitung sei der Bäcker mehr gefordert. Die handwerklichen Bäckereien hätten hier einen Vorteil gegenüber den industriellen Betrieben, ist Stöckinger überzeugt. „Weil wir mehr mit Handarbeit erledigen, können wir individueller reagieren. Zum Beispiel, wenn das Mehl mal nicht so viel Wasser aufnimmt.“

Inzwischen ist der Teig fertig geknetet. Nun ist Teamarbeit gefragt. Sabrina Büchs hebt große Teigstücke heraus, portioniert sie und reicht jeweils zwei Stücke an Andreas Krumm. Der dreht sie sekundenschnell – mit beiden Händen gleichzeitig – zu glatten Kugeln. Lena Lutz formt daraus längliche Laibe, legt sie einzeln in die Vertiefungen einer gefetteten metallenen Stollenform und drückt sie leicht an. Dann kommen sie noch einmal für eine Stunde in einen temperierten Garraum. „Die Stehzeit ist ganz wichtig“, sagt Stöckinger. Während im Teigkneter schon die Zutaten für den nächsten Teig gemischt werden, diesmal für Brötchen, demonstriert Andreas Krumm, wie ein Stollen klassisch mit der Hand geformt wird. Mit den Händen formt er einen kleinen Laib. Dann nimmt er einen Holzstab, walzt damit den Teig in der Mitte aus, drückt eine große und eine kleine Kuhle hinein und schlägt die Seiten übereinander. Das Ganze dauert keine 30 Sekunden. „Die Form entstand in Anlehnung an das Jesuskind, das in eine Windel gewickelt in der Krippe liegt“, erklärt Stöckinger.

Nach dem Backen werden die noch warmen Stollen mit heißem Butterfett bestrichen und gezuckert. „Butter versiegelt die Oberfläche und verhindert, dass der Stollen austrocknet.“ Erst kurz vor dem Verpacken kommt der Puderzucker auf die Stollen. Mindestens 14 Tage sollte ein fertiger Stollen ruhen, empfiehlt der Bäckermeister. Dann ist er bereit für die adventliche Kaffeetafel. Aber nicht nur für diese. Es sei wichtig, den Geschmack von Lebensmitteln wieder zu entdecken, erklärt Stöckingerund rät: „Man sollte einfach mal experimentieren, zum Beispiel Christstollen mit Rotwein kombinieren.“

Foto: Das Backstubenteam der Klosterbäckerei Münsterschwarzach (von links): Sabrina Büchs, Andreas Krumm, Lena Lutz und Bäckermeister Leo Stöckinger. Foto: © Markus Hauck (POW)



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