Vorsprung Frankfurt - Themenschwerpunkt »Antisemitismus/Rassismus« am Schauspiel Frankfurt

Themenschwerpunkt »Antisemitismus/Rassismus« am Schauspiel Frankfurt

Theater
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In engem Austausch mit Vertreter_innen der Bildungsstätte Anne Frank, des Jüdischen Museums Frankfurt, des Fritz Bauer Instituts und der Jüdischen Gemeinde Frankfurt hat das Schauspiel Frankfurt ein außergewöhnliches Programm entwickelt, das sich über die gesamte Spielzeit hinweg auf vielfältige Weise zu Antisemitismus in Deutschland verhält.

Der Spielplan der Saison 2020/21 ist ein Plädoyer für ein gesellschaftliches Miteinander. Denn in einer Zeit, in der hasserfüllte Angriffe auf eine plurale Gesellschaft immer stärker werden, braucht es kraftvolle, solidarische Gegenpositionen.  Programmatisch bildet sich das Thema in einer Vielzahl von Inszenierungen und einem facettenreichen Schwerpunktprogramm ab. Den Beginn machen am 2. Oktober Else Lasker-Schülers Stück »IchundIch« in der Regie von Christina Tscharyiski sowie am 3. Oktober Klaus Manns »Mephisto« in der Inszenierung von Claudia Bauer.

Partizipative Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen mit namhaften Persönlichkeiten aus Kunst, Politik und Wissenschaft werden, über die Spielzeit verteilt, unterschiedliche Schwerpunkte zum Thema diskursiv vertiefen und bi­eten Begegnungs- und Diskussionsräume, um vor­herrschende Stereotype aufzubrechen und Platz zu schaffen für neue Narrative.

WO BEGINNT DIE ANGST?
Eröffnungsrede und Gespräch
am 4. Oktober 2020, 11.00 Uhr, Schauspielhaus

In der Auftaktveranstaltung am 4. Oktober spricht der renommierte österreichische Autor Robert Me­nasse zur Frage »Wo beginnt die Angst?« auf der Bühne des Schauspielhauses.
In unserer Gesellschaft herrscht eine soziale Angst, die sich um das Eigene dreht und sich vom Fremden bedroht fühlt. Die einen haben Angst vor einer Minderheit, die an­deren vor der Mehrheit. Wer bedroht hier wen? Und wie kommt es überhaupt dazu? Der zunehmende Antisemitismus in Deutschland ist Be­standteil menschenverachtender Denkmuster, die immer weitere Kreise ziehen. Sie richten sich gegen alles, was als anders wahrgenommen wird: Geflüchtete und Migrant_in­nen, die LGBTQ- oder die Umwelt-Bewegung – der Hass macht vor niemandem halt.

In der Auftaktveranstaltung wird der Romancier und Essay­ist Robert Menasse Position beziehen zum Erstarken völkisch-nationalistischer Denkweisen und Handlungen. Das anschließende Gespräch führt die Direktorin des Jü­dischen Museums Prof. Mirjam Wenzel.

Robert Menasse studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft in Wien, Salzburg und Messina und lehrte an der Universität São Paulo. Er lebt als Schrifsteller und kulturkritischer Essayist in Wien. Sein Europa-Roman »Die Hauptstadt« wurde 2017 mit dem Deutschen Buch­preis ausgezeichnet. Gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain

TEXTLAND LITERATURFEST 2020
Im Rahmen der Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur
am 24. Oktober 2020, 11.00 Uhr, Schauspielhaus
15.00 Uhr, Theater Naxoshalle

Gemeinsam mit dem Literaturprojekt Textland laden das Schauspiel Frankfurt und das studioNaxos zu einem Kunst­fest ein, das eine literarische Brücke zwischen den beiden Häusern baut. Den Auftakt bildet Co-Kurator Max Czollek mit einem Impulsvortrag über »Wehrhafte Kunst« im Schauspielhaus mit anschließender Podiumsdiskussion über Kunst in einer Gesellschaft radikaler Vielfalt. An­schließend präsentieren Lyriker_innen, Theater- und Ro­manautor_innen in Lesungen, Performances und Gesprächen im Theater Naxoshalle die Möglichkeiten und Perspektiven literarischer Formen, in denen die Realitäten einer Postmigrationsgesellschaft aufgehoben sind und weitergedacht werden.

Die von Max Czollek kuratierten Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur finden vom 3. Oktober bis 9. November 2020 in Theatern und Institutionen im gesamten deutschsprachigen Raum statt. Im 30. Jahr der sogenannten Wiedervereinigung geht es darum, die deutsche Gesellschaft so zu denken, wie sie heute schon ist: als eine Gesellschaft radikaler Vielfalt.

mit Alexandru Bulucz, Nuran David Calis, Max Czollek, Marina Frenk, Sandra Gugic, Ronya Othmann, Necati Öziri, Tucké Royale, Lea Schneider, Daniela Seel Gerhild Steinbuch, Malu Peeters, Deniz Utlu, Senthuran Varatharaja und Olivia Wenzel sowie Mitgliedern des Ensembles des Schauspiel Frankfurt und des Studiojahr Schauspiel

Moderation Rebecca Ajnwojner, Leon Joskowitz, Katja Herlemann und Miryam Schellbach

Gefördert durch die Dr. Marschner Stiftung, den Kulturfonds Frankfurt RheinMain, das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und das Kulturamt Frankfurt.
Das Studiojahr Schauspiel wird ermöglicht durch die Aventis Foundation und die Crespo Foundation.

»JUDENHASS IST MENSCHENHASS«
Michel Friedman im Gespräch mit Ferdos Forudastan
am 24. Januar 2021, Schauspielhaus

»Jeder ist jemand«, hat der Dramatiker George Tabori gesagt. Das bedeutet: Niemand ist niemand. Die Würde des Men­schen als Grundlage der Menschenrechte muss universell für alle Menschen gelten, oder sie gilt für niemanden. Was be­deutet das für unseren Blick auf Judenhass und andere For­men der Ausgrenzung heute? Sollen wir uns mit den Opfern solidarisieren, oder müssen wir zunächst begreifen, dass jed­er Übergriff, jede Diskriminierung uns alle betrifft?
Der Publizist, Politiker und Autor Michel Friedman sagt: »Den Schlusspunkt der Gewalt zu verurteilen ist oft gut gemeint, aber dennoch wohlfeil. Es geht um die Anfangspunkte!« Im Gespräch mit der Journalistin Ferdos Forudastan bezieht Friedman zu diesen Grundsatzfragen Stellung.

mit Michel Friedman und Ferdos Forudastan
Gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain.


ANTI-ANTISEMITISMUS

Vortrag und Tischgespräche
am 21. März 2021 Chagallsaal

Antisemitismus und Rassismus bilden als weitreichende und komplexe Phänomene von Diskriminierung und Ausgrenzung in der Geschichte eine traurige Konstante. Solche univer­sellen Strukturen werden oft dazu genutzt, diese Phänomene bei den anderen zu verorten, anstatt sich selbst und die ei­gene Gesellschaft zu hinterfragen. Gemeinsam mit Prof. Yael Kupferberg vom Forschungszentrum für Antisemitismus der Technischen Universität Berlin sowie Vertreter_innen des Be­ratungsnetzwerks Hessen, der Jugendinitiative »Spiegelbild«, der Amadeu Antonio Stiftung, der Bildungsstätte Anne Frank und weiteren Expert_innen gehen wir den drängenden Fra­gen nach, die antisemitische und rassistische Vorfälle vor und hinter den eigenen Haustüren in Deutschland aufwerfen. Im Anschluss an einen Impulsvortrag von Yael Kupferberg, die die Hintergründe und den Kontext wiedererstarkender an­tisemitischer und rassistischer Ressentiments beleuchtet, ist das Publikum eingeladen, in Tischgesprächen mit den ver­schieden Expert_innen den angestoßenen Diskurs fortzuführen.

mit Yael Kupferberg

Gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain.


(BÜHNEN) BESETZUNGEN
Symposium nach »Der Müll, die Stadt und der Tod«
am 24./25. April 2021, Kammerspiele & andere Orte

Im Oktober 1985 besetzten Mitglieder der Jüdischen Gemein-de Frankfurt die Bühne der Kammerspiele, um die Premiere der Uraufführung von Rainer Werner Fassbinders antisemitischem Stück »Der Müll, die Stadt und der Tod« zu verhindern. Die Ver­hinderung der Inszenierung stellte eine Form der Selbster­mächtigung dar, mit der sich die jüdische Gemeinschaft in der BRD erstmals öffentlich Gehör verschaffte. Vierzig Jahre nach Kriegsende drang damit eine Erfahrung in den gesellschaftli­chen Diskurs ein, die später als »Opferperspektive« bezeichnet wurde. Im Rahmen des Symposiums nehmen Zeitzeug_innen, Wissenschaftler_innen und Künstler_innen eine Neubewer­tung dieses historischen Aktes zivilen Ungehorsams vor. Dabei werden die jüdische Nachkriegsgeschichte Frankfurts und die Möglichkeiten und Grenzen der spezifischen Öffentlichkeit des Theaters reflektiert sowie performative Strategien des Em­powerments von Minderheiten im Kontext einer zeitgenös­sischen ästhetischen Repräsentationspolitik untersucht.

Gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain.
Das Symposion entsteht in Kooperation von Schauspiel Frankfurt, Jüdisches Museum Frankfurt, Fritz Bauer Institut und der Theaterwissenschaft der Goethe- Universität Frankfurt am Main.


WAS TUN!
Konferenz und Konzert
am 30. Mai 2021, Chagallsaal und Schauspielhaus

Ausgehend von der Frage »Wo beginnt die Angst?« haben wir eine Spielzeit lang geforscht, hinterfragt und diskutiert. Nun sollen die Fäden zusammengeführt werden: Wir blicken ganz konkret auf unser zukünftiges Handeln. Die Frage, was jede_r Einzelne bzw. die Institutionen dafür tun können, um Hass, Hetze und Angst entgegenzutreten, steht über dieser Abschlussveranstaltung. Dabei sollen Wege aufgezeigt werden, wie wir handeln können und müssen. Im Rahmen einer Ein-Tageskonferenz laden wir unterschiedliche Persön­lichkeiten ein, die sich künstlerisch-perfomativ, als Wissen­schaftler_innen oder Aktivist_innen mit diesem Komplex be­fassen. Die Beiträge spiegeln sich in einer Vielfalt von For­maten: von der Lecture-Performance über Vorträge bis hin zum Konzert von Daniel Kahn & Band, der die Musik von Jo­seph Roths »Hiob« (Premiere: 23. April 2021, Schauspiel­haus) komponiert hat.

MODERATION Leon Joskowitz

Gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain.


YOUNG & EXPERT
Junges Schauspiel Frankfurt in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Frankfurt und der Bildungsstätte Anne Frank

Ist etwas neu am Antisemitismus in Deutschland? Gibt es eine steigende Tendenz antisemitischer Anfeindungen und Übergriffe unter Jugendlichen? Woraus speist sich Antisemitismus und welche neuen Separierungen und Allianzen ergeben sich im gesamtgesellschaftlichen Kontext einer modernen Migrationsgesellschaft? Ziel dieses Projektes ist es, heterogene Positionen, vielfältige Perspektiven und Ex­pertisen von Jugendlichen in einen kreativen Austausch zu bringen und jugendlichen Antisemitismus im Zusammen­hang zu sehen mit institutionellem Rassismus, anderen grup­penbezogenen Menschenfeindlichkeiten, Verschwörungs­fantasien und Identitätsfindung. »Young & Expert« beinhaltet die Projekte »Was ich nicht weiß, macht mich heiß« und »In­nenansichten« unter der künstlerischen Gesamtleitung von Martina Droste und Anna Stoß.

»WAS ICH NICHT WEISS, MACHT MICH HEISS« Januar 2021
JÜDISCHES MUSEUM FRANKFURT
»INNENANSICHTEN« April bis Juni 2021 VERSCHIEDENE ORTE



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