Vorsprung Frankfurt - Betriebe sehen großes Potenzial in Handwerker-/Gewerbehöfen

Betriebe sehen großes Potenzial in Handwerker-/Gewerbehöfen

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Die Wirtschaftsförderung Frankfurt, die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main sowie die Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main haben im vergangenen Jahr gemeinsam eine Bedarfsanalyse unter kleinen und mittleren Handwerks- und Gewerbebetrieben beauftragt. Inzwischen liegen die Ergebnisse der Studie vor: Die Gutachter des CIMA Institut für Regionalwirtschaft attestieren ein Potenzial für mehrere Höfe und empfehlen die zeitnahe Umsetzung eines Pilotprojektes.

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Im Mittelpunkt der Befragung standen dabei Fragen zu Standortzufriedenheit, Entwicklungsmöglichkeiten und -hemmnissen an den derzeitigen Betriebsstandorten sowie betriebliche Flächenbedarfe und Standortanforderungen. Bei einem Handwerker-/Gewerbehof handelt es sich um ein häufig mehrgeschossiges und durch ein einheitliches Management organisiertes Gebäude, in dem nicht selten 40 oder mehr kleine und mittlere Betriebe Flächen längerfristig anmieten können, die auch geräuschintensives Arbeiten zulassen. Zur Ausstattung gehören stets mehrere Lastenaufzüge, die auch schwere Maschinen und Gerätschaften in den oberen Stockwerken ermöglichen. Handwerker-/Gewerbehöfe finden sich regelmäßig in kundennahen, infrastrukturell gut erschlossenen und stadtteilnahen Lagen. Beispiele sind etwa die von der Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft betriebenen Höfe in München.

Hochrechnung beziffert die Anzahl interessierter Betriebe auf über 300

Um den Bedarf der Betriebe nach Handwerker-/Gewerbehöfen abschätzen zu können, wurde eine mehrstufige repräsentative Primärdatenerhebung durchgeführt. Diese umfasste eine Online-Befragung bei 326 Betrieben, eine ergänzende Telefonbefragung bei weiteren 325 Betrieben sowie eine Tiefenbefragung bei 102 an dem Thema besonders interessierten Betrieben.

Die Studie belegt, dass die überwiegende Mehrheit der Betriebe – 364 Betriebe, 85 Prozent – mit dem eigenen Betriebsstandort insgesamt eher zufrieden oder sogar sehr zufrieden ist. Differenziert nach einzelnen Merkmalen des Betriebsstandortes ist jedoch zu erkennen, dass gerade die Erweiterungsmöglichkeiten vor Ort (166 Betriebe, 68 Prozent), die Parksituation (139 Betriebe, 54 Prozent) sowie die Größe der Betriebsflächen (86 Betriebe, 32 Prozent) nicht zufriedenstellend sind. In den letzten beiden Jahren haben sich deshalb – so die Gutachter – knapp mehr als die Hälfte der befragten Betriebe (143, 53 Prozent) mit einer Standortverlagerung beschäftigt. Gut jeder fünfte Betrieb hat mit dem Gedanken gespielt, Frankfurt zu verlassen. Handlungsbedarfe sind deshalb zu erkennen.

Insgesamt 164 Betriebe bekunden zum Erhebungszeitpunkt Interesse an einem Handwerker-/Gewerbehof als zukünftigem Betriebsstandort. Die Hochrechnung der Stichprobendaten auf die Grundgesamtheit der Zielgruppe zeigt, dass für insgesamt 329 Betriebe mit einem Betriebsstandort in Frankfurt ein Handwerker-/Gewerbehof interessant ist.

Mangels empirischer Daten für das Frankfurter Umland wurde in der Studie zudem der Versuch unternommen, sich den Bedarfen der Betriebe mit Standort außerhalb von Frankfurt über eine Modellrechnung anzunähern. Diese Zahl beziffern die Gutachter auf insgesamt 326 Betriebe, für die ein Handwerker-/Gewerbehof interessant sein dürfte. Vor diesem Hintergrund attestieren die Gutachter dem Standort Frankfurt ein Potenzial für mehrere Handwerker-/Gewerbehöfe. Sie empfehlen zudem die zeitnahe Umsetzung sowie die anschließende Evaluierung eines Pilotprojektes.

„Die Bereitstellung zukunftsfähiger, bedarfsgerechter und bezahlbarer Flächen für das Handwerk und das produzierende Gewerbe sind von hoher Bedeutung für den Wirtschaftsstandort und die Urbanität unserer Stadt. Allerdings sind solche Flächen aufgrund der begrenzten Flächenverfügbarkeit, der zunehmenden Verdichtung und Nutzungskonflikten Mangelware. Die Stadt sollte dann handeln, wenn es im Kernbereich des Stadtgebietes eine Mangelsituation gibt, indem sie Flächen für Handwerkerhöfe ausweist und Grundstücke in Konzeptvergabe ausschreibt. Moderne Handwerker-/Gewerbehöfe stellen einen sehr interessanten Baustein für exakt diese Situation dar“, betonte Wirtschaftsdezernent Markus Frank.

Christof Riess, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, sagte: „In der Stadt Frankfurt gibt es circa 7300 handwerkliche Betriebe. Unternehmer und Arbeitnehmer in den 130 Berufen des Handwerks haben in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Bedeutung einer funktionierenden Infrastruktur in Frankfurt und dem Umland hingewiesen. Dazu gehört einerseits eine zukunftsorientierte Mobilitätsplanung, aber auch ein auf die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Betrieben ausgerichtetes Gewerbeflächen-Angebot. Dieses sollte beispielsweise den Anforderungen von Kunden- und Lieferverkehren und der Erreichbarkeit für Arbeitnehmer und Azubis im Handwerk Rechnung tragen, aber auch dem Bedarf an moderner digitaler Infrastruktur für die Unternehmer sicherstellen. Wir brauchen strategische Lösungen, das regionale Handwerk im Stadtbild wieder sichtbar zu machen.“

Handwerker-/Gewerbehöfe als ein Lösungsansatz

Die Ergebnisse der Studie reihen sich ein in Erfahrungen aus anderen Großstädten. Diese zeigen, dass die Errichtung von Handwerker-/Gewerbehöfen einen Lösungsansatz für Flächenengpässe darstellen kann. „In der bayerischen Landeshauptstadt sind Gewerbehöfe seit Langem fest etablierter Bestandteil der Wirtschafts- und Standortpolitik. Die Erfahrungen zeigen: Eine Stapelung von Handwerk und gewerblicher Produktion ist möglich und durchaus akzeptiert. Nun ist es an der Zeit, auch in unserer Stadt einen eigenen ersten Hof nach Münchener Vorbild zu entwickeln. Die Wirtschaftsförderung unterstützt dabei gerne mit Rat und Tat“, sagte Oliver Schwebel, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Frankfurt.

Handwerker-/Gewerbehöfe wurden deshalb im Masterplan Industrie als eine mögliche Maßnahme zur spezifischen Bereitstellung von Gewerbeflächen und zur Stärkung des Stadtteilgewerbes vorgeschlagen. Darüber hinaus ist die Entwicklung von Handwerker- und Gewerbehöfen im Integrierten Stadtentwicklungskonzept Frankfurt 2030+ als Leitprojekt im Themenfeld „Perspektiven für den Produktionsstandort verbessern“ vorgesehen. „Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass Handwerker-/Gewerbehöfe nur ein Tropfen Wasser auf das brennende Problem mangelnder Gewerbeflächen in Frankfurt sein können. Nur durch zusätzliche Flächen kann die andauernde Abwanderung von Betrieben aus dem Stadtgebiet aufgehalten werden“, sagte Ulrich Caspar, Präsident der IHK Frankfurt.

Für Planungsdezernent Mike Josef sind Handwerker- und Gewerbehöfe die richtige Antwort, um wohnortnah Gewerbe anzusiedeln: „Eine Stadt wie Frankfurt am Main braucht ein zukunftsfähiges Gewerbeflächenangebot zu bezahlbaren Mieten. Die Erfahrungen anderer Kommunen zeigen: Handwerker- und Gewerbehöfe haben das Potenzial, den Engpass an Flächenangeboten gerade für kleine und mittlere stadtteilorientierte Handwerker und Betriebe des verarbeitenden Gewerbes abzumildern und ihnen in unserer Stadt die Startchancen zu verbessern. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur wohnungsnahen Versorgung mit handwerklichen Leistungen und können Kunden und Beschäftigten zugleich kürzere Wege ermöglichen. Nun zeigt die Studie, dass auch die Zielgruppe Interesse bekundet hat. Es war eine gute Idee, ein Leitprojekt zur Entwicklung von Handwerker-/Gewerbehöfen im Integrierten Stadtentwicklungskonzept Frankfurt 2030+ zu verankern.“

Foto: Wirtschaftsförderung Frankfurt



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